Was ist Selbsthilfe?

Selbsthilfe und ihre Bedeutung – einfach erklärt

Die gesundheitsbezogene Selbsthilfe bietet Menschen mit Erkrankungen und Behinderungen wertvolle Hilfe, Unterstützung und Rat. Doch was ist Selbsthilfe genau? Auf dieser Seite geben wir Ihnen einen Überblick über das Konzept und die Bedeutung der Selbsthilfe.

Was ist Selbsthilfe? Das Wichtigste in Kürze:

  • Selbsthilfe bezeichnet selbstorganisierte Zusammenschlüsse von Menschen, die ein gemeinsames Problem oder Anliegen haben. Beispielsweise eine Erkrankung oder Behinderung.
  • Durch die Selbsthilfe können sich Betroffene gegenseitig unterstützen, informieren und stärken.
  • Selbsthilfeorganisationen und -verbände bieten vielfältige Informations- und Beratungsangebote. Außerdem vertreten sie die Interessen ihrer Mitglieder auf politischer Ebene.
  • In Deutschland existieren rund 100.000 Selbsthilfegruppen, die sich mit einer Vielzahl von Erkrankungen und Behinderungen befassen.

Was ist Selbsthilfe: Bedeutung und Erklärung

Anders als es der Begriff „Selbsthilfe” vermuten lässt, geht es bei der Selbsthilfe nicht nur darum, "sich selbst zu helfen". Im Gegenteil: Die Selbsthilfe ist ein kollektiver Prozess, der auf dem Grundprinzip der gegenseitigen Unterstützung und Hilfe beruht.

Unter gesundheitsbezogener Selbsthilfe verstehen wir selbstorganisierte Gemeinschaften von Menschen mit (chronischen) Erkrankungen und Behinderungen. Im Rahmen der Selbsthilfe können sich Betroffene, wie auch ihre Angehörigen, gegenseitig unterstützen. Sie tauschen Erfahrungen aus, geben einander Rat und finden gemeinsam Lösungen für ihre Probleme.

Selbsthilfegruppen und -organisationen gibt es zu fast allen Lebenslagen und Erkrankungen.

Die elementaren Begriffe „Selbsthilfegruppe” und „Selbsthilfeorganisation” werden dabei, laut Leitfaden zur Selbsthilfeförderung, wie folgt definiert:

Selbsthilfegruppe

Unter gesundheitsbezogenen Selbsthilfegruppen werden freiwillige Zusammenschlüsse von betroffenen Menschen verstanden, deren Aktivitäten sich auf die gemeinsame Bewältigung von Krankheiten, Krankheitsfolgen und/oder auch psychischer Probleme richten, von denen sie entweder selbst oder als Angehörige betroffen sind. Sie werden nicht von professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (z. B. Ärztinnen und Ärzten, anderen Gesundheits- oder Sozialberufen) geleitet. Dies schließt eine gelegentliche Hinzuziehung von Experten zu bestimmten Fragestellungen nicht aus.

Selbsthilfeorganisation

Unter Selbsthilfeorganisationen werden gesundheitsbezogene Zusammenschlüsse von Selbsthilfegruppen auf Landes- oder Bundesebene verstanden, die auf bestimmte Krankheiten, oder Krankheitsfolgen ausgerichtet sind und die im Vergleich zu Selbsthilfegruppen meist größere Mitgliederzahlen aufweisen. Dachorganisationen von Selbsthilfeorganisationen sind Zusammenschlüsse von Selbsthilfeorganisationen unterschiedlicher Krankheits- bzw. Diagnosegruppen, die gemäß ihrem Mitgliederkreis dazu berufen sind, die Interessen chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene oder Landesebene zu vertreten und deren Arbeit nachhaltig darauf ausgerichtet ist, die Qualität der Selbsthilfearbeit der Selbsthilfeorganisationen weiterzuentwickeln.

Selbsthilfe Vorteile: Das bringt die Selbsthilfe

Die Selbsthilfe bietet eine wertvolle Ergänzung zum klassischen Gesundheitssystem und ermöglicht eine ganzheitliche Unterstützung – auch jenseits medizinischer Behandlungen.

Für Betroffene bietet sie die Möglichkeit, individuellen Anliegen zu adressieren, Gemeinschaften zu schaffen und ihre Stimme in der Gesellschaft zu stärken. Die wichtigsten Vorteile der Selbsthilfe haben wir hier für Sie zusammengefasst:

  • Selbsthilfe ermöglicht gegenseitige Unterstützung: In Selbsthilfegruppen und -organisationen erhalten Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen Verständnis und Unterstützung von anderen Betroffenen. Sie teilen ihre Erfahrungen und Gefühle in einem geschützten Raum. Auf lange Sicht ermöglicht die Selbsthilfe den Aufbau von sozialen Netzwerken und bestärkenden Freundschaften. Auch Angehörige profitieren von diesen Vorteilen.
     
  • Selbsthilfe bietet Erfahrungs- und Informationsaustausch: Ein wesentlicher Vorteil von Selbsthilfegruppen ist der Austausch von Erfahrungen und Informationen. Dadurch lernen Betroffene zum Beispiel neue Bewältigungsstrategien kennen oder können eigene Alltagsprobleme besser verstehen.
     
  • Selbsthilfe fördert die Stärkung des Selbstwertgefühls: Die positive Erfahrung, anderen Menschen zu helfen und selbst Unterstützung zu erhalten, kann das eigene Selbstwertgefühl stärken. Dieses persönliche Wachstum wirkt kräftigend und motivierend. Auf diese Weise wird auch die allgemeine Lebensqualität Betroffener verbessert.
     
  • Selbsthilfe schafft Zugang zu Beratungen und Informationen: Selbsthilfegruppen und -organisationen bieten den Zugang zu vielfältigen Informations- und Beratungsmöglichkeiten. Beispielsweise durch Broschüren, Einzelberatungen und Workshops.
     
  • Selbsthilfe vertritt die politischen Interessen Betroffener: Auf politischer Ebene vertreten gesundheitsbezogene Selbsthilfeorganisationen die Interessen und Anliegen von Menschen mit Behinderungen und Erkrankungen. Sie setzen sich aktiv für die Rechte und Belange ihrer Mitglieder ein – beispielsweise indem sie Gesetzesänderungen anstreben, auf Barrieren aufmerksam machen und politische Entscheidungsträger informieren. Durch gemeinsame Aktionen und Lobbyarbeit tragen sie dazu bei, die gesellschaftliche Teilhabe und Lebensqualität für Betroffene zu verbessern.

Selbsthilfe in Deutschland

Die Geschichte der Selbsthilfe in Deutschland reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. In dieser Zeit gründeten sich, aus der Not heraus, erste Arbeiterverbrüderungen und Genossenschaften. Im Laufe der Zeit entstanden weitere Gruppen, in denen sich Menschen mit ähnlichen Problemen und Herausforderungen zusammenschlossen.

Die heutige BAG SELBSTHILFE wurde im Jahr 1967 gegründet. Sie war ursprünglich als "Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V." (BAGH) bekannt und vereinte Elternorganisationen, die sich für die Bedürfnisse behinderter Kinder einsetzen. Später weitete sie sich auf Organisationen für chronisch kranke Menschen aus und etablierte sich als Sprachrohr der Selbsthilfebewegung gegenüber der Politik und Öffentlichkeit.

Heute existieren in Deutschland rund 100.000 Selbsthilfegruppen, die sich mit einer Vielzahl von Erkrankungen und Behinderungen befassen. Dies umfasst lokale Gruppen, themenspezifische Gruppen, Landesverbände und übergeordnete Dachorganisationen wie die BAG SELBSTHILFE. Insgesamt sind etwa 3,5 Millionen Menschen in diesen Gruppen organisiert. Unterstützt werden sie durch örtliche Selbsthilfekontaktstellen und verschiedene politische und gesundheitliche Institutionen.

Eine ausführliche Zusammenfassung zur Geschichte der Selbsthilfe in Deutschland können Sie auf unserer Seite Die Geschichte der Selbsthilfe nachlesen.

Kritik und Vorurteile gegenüber der Selbsthilfe

Trotz der wichtigen Bedeutung und der vielen Vorteile von Selbsthilfe, gibt es gegenüber dieser immer noch einige Vorurteile. Zu den häufigsten nehmen wir hier Stellung. Klappen Sie dafür einfach die entsprechenden Reiter aus.

Selbsthilfegruppen sind peinlich

Manche Menschen empfinden es als schwierig, persönliche Probleme vor Fremden anzusprechen. In Selbsthilfegruppen herrscht jedoch ein vertrauensvolles und diskretes Miteinander. Niemand muss sich öffnen, wenn er oder sie es nicht möchte. Wer den Mut gefasst hat, kann auf Diskretion vertrauen. Hierzu gibt es in den meisten Gruppen klare Regeln.

Auch muss sich niemand sorgen, unfreiwillig als Mitglied einer Selbsthilfegruppe “geoutet” zu werden. Es gibt keine öffentlichen Listen oder Einsichten, die die Mitglieder preisgeben. Allerdings entwickeln Betroffene oft ein Gefühl von Stolz, ihr Problem selbst in die Hand genommen zu haben und gehen vollkommen offen mit ihrer Gruppenteilnahme um.

Die Selbsthilfe ist von der Pharmaindustrie und Wirtschaft abhängig

Selbsthilfegruppen sind unabhängig und neutral. Finanzielle Unterstützung von Unternehmen erfolgt nach strengen Leitlinien, um die Interessen der Betroffenen zu wahren. Transparenz ist dabei oberstes Gebot.

Es stimmt zwar, dass einige Selbsthilfegruppen und -organisationen Spenden oder Sponsoringmittel von Unternehmen erhalten. Dies ist jedoch an umfassende Auflagen geknüpft. So dürfen Unternehmen beispielsweise keine Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente in Selbsthilfegruppen machen.

Die BAG SELBSTHILFE und das FORUM im PARITÄTISCHEN DACHVERBAND haben daher verbindliche Leitsätze für die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen verabschiedet. Diese Leitsätze sollen sicherstellen, dass die Unabhängigkeit und Neutralität der Selbsthilfe gewahrt bleibt. Darüber hinaus veröffentlicht die BAG SELBSTHILFE regelmäßig eine Transparenzliste. In dieser Liste sind alle Mitgliedsverbände aufgeführt, die sich zur Offenlegung ihrer Zuwendungen von Unternehmen verpflichtet haben.

 

Die Selbsthilfe beruht auf Laienkompetenz

Ehrenamtliche und Angestellte, die in der Selbsthilfe tätig sind, verfügen meist über weitreichende Fach- und Branchenkenntnisse. Für Betroffene ist dieses Wissen von großer Hilfe. Gleichzeitig bieten Selbsthilfegruppen wertvolles Erfahrungswissen und emotionale Unterstützung. Mitglieder lernen voneinander, wie sie mit ihren tagtäglichen Hürden umgehen können, und finden neue Bewältigungsstrategien. Selbsthilfe bestärkt Betroffene, verbessert ihre Lebensqualität und fördert ihre Selbstbestimmung im Umgang mit Krankheiten und Herausforderungen.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Selbsthilfegruppen eine professionelle medizinische Beratung ersetzen können. Vielmehr ist sie als wertvolle Ergänzung zum klassischen Gesundheitssystem zu sehen.

Was ist Selbsthilfe: Häufig gestellte Fragen

Was bringt Selbsthilfe?

Durch die Selbsthilfe kann die Lebensqualität von Menschen mit (chronischen) Krankheiten oder Behinderungen deutlich verbessert werden. Sie bietet einen geschützten Raum zur gegenseitigen Unterstützung und zum Erfahrungs- und Informationsaustausch. Gleichzeitig bieten Selbsthilfeorganisationen und -verbände Zugang zu vielfältigen Informationen und Beratungsangeboten. Auch die Interessen Betroffener werden durch diese auf politischer Ebene vertreten und deren Stimme in der Gesellschaft gestärkt.

Wer steckt hinter der Selbsthilfe?

Die Selbsthilfe wird von einer Vielzahl engagierter Menschen getragen – darunter Betroffene, Angehörige, Freiwillige und professionelle Unterstützer*innen. Diese sind in lokalen Gruppen, themenspezifischen Gruppen, Landesverbänden und übergeordneten Dachorganisationen organisiert. Das gesamte Netzwerk finden Sie hier: Selbsthilfe-Netzwerk.

Wer kann an Selbsthilfe teilnehmen?

Selbsthilfe steht allen Menschen offen, die von einer bestimmten Erkrankung oder Behinderung direkt betroffen sind. Gleiches gilt für deren Angehörige und Unterstützer*innen.

Welche verschiedenen Formen von Selbsthilfe gibt es?

Selbsthilfe findet in vielen unterschiedlichen Formen statt – beispielsweise in Form von Stuhlkreisen, persönlichen Beratungsgesprächen, telefonischen Beratungen, digitalen Austauschangeboten und Gruppenaktivitäten. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Seite Formen der Selbsthilfe.

Wo finde ich Selbsthilfegruppen?

Selbsthilfegruppen sind über örtliche Selbsthilfekontaktstellen, Online-Plattformen, Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen und Verbände zu finden. Alle Mitgliederorganisationen der BAG SELBSTHILFE finden Sie hier: Mitgliederorganisationen der BAG SELBSTHILFE.