Strukturen der Selbsthilfe

Menschen, die von einer chronischen Erkrankung oder Behinderung betroffen sind, oder auch Menschen, deren Angehörige betroffen sind, finden sich in Selbsthilfegruppen zusammen. Selbsthilfegruppen gibt es in Deutschland zu den unterschiedlichsten gesundheitsbezogenen Themen in verschiedenen Städten und Regionen. Es sind etwa 70.000 bis 100.000 Gruppen in Deutschland.

Diese Selbsthilfegruppen bilden die Basis der Selbsthilfe-Landschaft. Hier findet die gegenseitige Unterstützung der Betroffenen in Gruppen statt. Damit aber die einzelnen Gruppen nicht im luftleeren Raum agieren, schließen sich viele Selbsthilfegruppen in übergeordneten Verbänden zusammen oder nutzen die Angebote von Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen. Somit können die Betroffenen, Gruppen und Verbände sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen sowie mit gebündelter Kraft nach außen wirken (sowohl innerhalb des gleichen Krankheitsbildes als auch darüber hinaus).

Wie die örtlichen Selbsthilfegruppen, die indikationsspezifischen Landes- und Bundesorganisationen, die indikationsübergreifenden Landesarbeitsgemeinschaften und die BAG SELBSTHILFE zusammenhängen, sollen das folgende Schaubild und die nachfolgenden Texte veranschaulichen:

Die Selbsthilfe-Vereinigungen

Viele Selbsthilfegruppen sind verbandlich organisiert. Das heißt, dass mehrere örtliche Selbsthilfegruppen mit dem gleichen oder ähnlichen Krankheitsbild (Indikation) durch eine indikationsspezifische Landesorganisation vertreten werden. Diese Landesorganisationen werden wiederum gebündelt durch die indikationsspezifische Bundesorganisation vertreten und sind oft auch Mitglied von indikationsübergreifenden Landesarbeitsgemeinschaften der Selbsthilfe. Diese Landesarbeitsgemeinschaften oder auch Landesverbände vertreten die Interessen der regionalen Selbsthilfeverbände auf der Ebene der Länder und sind gleichzeitig die Landesvertretungen der indikationsunabhängigen Selbsthilfe-Dachorganisation BAG SELBSTHILFE. Bei manchen Krankheitsbildern bestehen allerdings keine Selbsthilfe-Vereinigungen auf Landesebene, sodass die entsprechenden Selbsthilfegruppen direkt von der indikationsspezifischen Bundesorganisation vertreten werden. Die bundesweit tätigen Selbsthilfeorganisationen sind häufig Mitglied bei der BAG SELBSTHILFE.

Neben der BAG SELBSTHILFE besteht auch die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. Die ACHSE ist ein starkes Netzwerk für die „Seltenen“, bestehend aus Betroffenen, Freunden, Förderern, Ärzten sowie Beratern aus dem Gesundheitswesen und hat sich aus der BAG SELBSTHILFE heraus gegründet.

 

Zwei Beispiele:

Eine örtliche Selbsthilfegruppe in Frankfurt am Main, trifft sich einmal im Monat. Diese Gruppe wird – wie viele andere Gruppen – von dem Landesverband Hessen der Selbsthilfeorganisation gefördert und unterstützt. Dieser Landesverband ist zum einen die Landesvertretung des entsprechenden Bundesverbandes e.V. in Hessen und zum anderen auch Mitglied bei der LANDESARBEITSGEMEINSCHAFT (LAG) HESSEN SELBSTHILFE behinderter und chronisch kranker Menschen e.V. Sowohl der Bundesverband als auch die LAG Hessen werden durch die Dachorganisation BAG SELBSTHILFE vertreten. Zusätzlich ist der Bundesverband z.B. auch Mitglied beim PARITÄTISCHEN Gesamtverband (DPWV) und der Landesverband Hessen ist entsprechend Mitglied beim PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverband Hessen. Hier ist unschwer zu erkennen, dass eine sehr starke Vernetzung vorliegt.

Es gibt aber auch Krankheitsbilder, die in Deutschland nicht so stark verbreitet sind, beziehungsweise bei denen die Selbsthilfe-Strukturen nicht so stark ausgeprägt sind. Ein Beispiel für eine solche seltene Krankheit sind die Clusterkopfschmerzen. Der Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen e.V. (CSG) gründete sich im Jahr 2001 und vereint derzeit 24 örtliche/regionale Selbsthilfegruppen in Deutschland (jeweils eine weitere Gruppe befindet sich in Belgien und in der Schweiz). Verbandsstrukturen auf Landesebene bestehen dabei nicht. Um aber auch Betroffenen Unterstützung anzubieten, die nicht in der Nähe einer der Selbsthilfegruppen leben, hat die CSG ein Online-Forum eingerichtet, sodass sich alle Betroffenen auch dort austauschen können.

Alle von der BAG SELBSTHILFE vertretenen bundesweiten Selbsthilfeverbände und auch die Landesarbeitsgemeinschaften finden Sie mit übersichtlichen Such- und Sortierfunktionen Mitgliedsorganisationen der BAG SELBSTHILFE.

Die Selbsthilfe-Unterstützungseinrichtungen

Andere Selbsthilfegruppen wiederum sind nicht durch indikationsspezifische Landes- oder Bundesverbände vertreten, weil zum Beispiel solche Verbände (noch) nicht existieren oder die Gruppen aus anderen Gründen nicht Mitglied bei den Verbänden sein können oder wollen. Solche Gruppen (wie auch die verbandlich organisierten) nutzen dann häufig die Angebote der Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen. Selbsthilfekontaktstellen beziehungsweise -unterstützungsstellen beraten Selbsthilfegruppen indikationsübergreifend, stellen Gruppenräume zur Verfügung , informieren und qualifizieren zu selbsthilferelevanten Themen wie Öffentlichkeitsarbeit oder unterstützen bei der Gruppengründung. In Deutschland bestehen an über 300 Standorten (342 am Stichtag 20.10.2015, Quelle: nakos.de) örtliche Selbsthilfekontaktstellen, die auf Landesebene durch die jeweilige Landesarbeitsgemeinschaft beziehungsweise landesweite Koordinationsstelle und auf Bundesebene durch die „Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen“ (kurz: NAKOS) vertreten werden. Die Dachorganisation all dieser Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen ist die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG).

Örtliche Selbsthilfegruppen zu verschiedenen Themen in Deutschland können Sie über die Datenbanksuche der NAKOS finden.

Definition von Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen

Strukturell werden Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen laut Leitfaden zur Selbsthilfeförderung wie folgt definiert:

Selbsthilfegruppen
Unter gesundheitsbezogenen Selbsthilfegruppen werden freiwillige Zusammenschlüsse von betroffenen Menschen verstanden, deren Aktivitäten sich auf die gemeinsame Bewältigung von Krankheiten, Krankheitsfolgen und/oder auch psychischen Problemen richten, von denen sie entweder selbst oder als Angehörige betroffen sind. Sie werden nicht von professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (z. B. Ärztinnen und Ärzten, anderen Gesundheits- oder Sozialberufen) geleitet.

Leitfaden zur Selbsthilfeförderung, GKV-Spitzenverband

Selbsthilfeorganisationen
Unter Selbsthilfeorganisationen werden gesundheitsbezogene Zusammenschlüsse von Selbsthilfegruppen auf Landes- oder Bundesebene verstanden, die auf bestimmte Krankheiten oder Krankheitsfolgen ausgerichtet sind und die im Vergleich zu Selbsthilfegruppen meist größere Mitgliederzahlen aufweisen. 

Leitfaden zur Selbsthilfeförderung, GKV-Spitzenverband