Gesundheitssystem

Die rund 110 gesetzlichen Krankenversicherungen gehören zum ältesten Zweig der Sozialversicherung; dort sind rund 90 Prozent der Bevölkerung versichert. Seit Mitte der 90er Jahre können die Versicherten frei wählen, bei welcher gesetzlichen Krankenkasse sie versichert sein möchten; alle gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet,  jeden Pflichtversicherten ohne Gesundheitsprüfung aufzunehmen. Dieses gilt jedoch nur nicht bei einem Wechsel von einer privaten Krankenkasse zu einer gesetzlichen Krankenkasse; hier gelten andere Maßgaben, so dass ein Wechsel oft nur schwer möglich ist. Soweit eine gesetzliche Krankenkasse jenseits dieser Ausnahmeregelung eine Aufnahme von einer anderen gesetzlichen Krankenkasse verweigert, melden Sie dies bitte an das Bundesversicherungsamt, welches im Regelfall die Aufsicht über die gesetzlichen Krankenkassen hat.

Gesetzliches und privates Krankenversicherungssystem

Im gesetzlichen Krankenversicherungssystem gilt das Solidar- und Sachleistungsprinzip. Solidarprinzip bedeutet, dass sich die Höhe der Beiträge nach dem Einkommen richtet und nicht nach dem Gesundheitszustand bzw. den gesundheitlichen Risiken des Versicherten und alle Versicherten grundsätzlich die gleiche Versorgung erhalten. Demgegenüber richtet sich die Höhe der Beiträge bei den privaten Versicherten grundsätzlich nach dem individuellen Gesundheitsrisiko des Versicherten; der Umfang der Versorgung richtet sich nach dem Vertrag, welchen der Versicherte mit dem Krankenversicherungsunternehmen geschlossen hat. Mitglieder der privaten Krankenkassen sind überwiegend Selbständige, Beamte und Angestellte mit einem Einkommen oberhalb der Pflichtversicherungsgrenze. Ein Wechsel von der privaten in die gesetzliche Versicherung ist normalerweise nur bei Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses und Unterschreiten der Pflichtversicherungsgrenze möglich.

Das Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenkassen besagt,  dass die Versicherten medizinische Leistungen erhalten, ohne selbst in Vorleistung treten zu müssen. Die Ärzte oder sonstigen Leistungserbringer rechnen nicht mit den Patientinnen und Patienten ab, sondern mit den Krankenkassen beziehungsweise Kassenärztlichen Vereinigungen. Das Sachleistungsprinzip verpflichtet die Krankenkassen, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts sicherzustellen.

Demgegenüber dominiert im Bereich der privaten Krankenversicherungen das Erstattungsprinzip, wonach der Versicherte zunächst in Vorleistung hinsichtlich der Bezahlung der Leistung gehen muss und dann dieses vom Versicherungsunternehmen erstattet erhält. Ein Sonderfall ist die private Krankenversicherung für Beamte: Hier bezahlt die sog. Beihilfe einen Teil der Kosten und die private Krankenversicherung ist nur noch für einen bestimmten Anteil eintrittsverpflichtet.

Die BAG SELBSTHILFE setzt sich für eine solidarische Ausgestaltung der Krankenversicherungssysteme ein, in denen die Gesunden für die Kranken und die Gutverdienenden für die weniger gut Verdienenden einstehen.

Ambulante und stationäre Versorgung im System der Gesetzlichen Krankenkassen

Im System der gesetzlichen Krankenkassen gilt im Bereich der ambulanten Versorgung (Vertragsärzte: Hausärzte und Fachärzte) der Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Dies bedeutet, dass Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur dann von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden, wenn sie im sog. Einheitlichen Bewertungsmaßstab gelistet sind. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bzw. sonstige Leistungen benötigen eine positive Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss oder den Bewertungsausschuss, damit sie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden. Diese Bewertung findet anhand der Studienlage statt; die BAG SELBSTHILFE koordiniert die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss und setzt sich dort dafür ein, dass Patientinnen und Patienten notwendige Leistungen mit Nutzennachweis zeitnah erstattet erhalten.

Im Bereich der stationären Versorgung gilt hingegen der Grundsatz der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Dies bedeutet, dass Untersuchungs- und Behandlungsmethoden grundsätzlich immer erstattet werden, soweit eine Potential einer Behandlungsalternative besteht und es hier kein Verbot des Gemeinsamen Bundesausschusses gibt. Nach neuerer sozialgerichtlicher Rechtsprechung ist jedoch unklar, wie weit dieser Grundsatz gilt und ob es hier nicht weitere Begrenzungen gibt.

Im Bereich der ambulanten Versorgung werden Einzelleistungen erstattet, welche jedoch durch ein Budget begrenzt sind. Im Bereich der stationären Versorgung findet eine Erstattung nach sog. Fallpauschalen statt, welche für eine bestimmte Versorgung bestimmte Beträge vorsehen und von bestimmten durchschnittlichen Krankhausaufenthalten ausgehen.