Kooperation mit Migrantenorganisationen

Eine wichtige Rolle in der interkulturellen Selbsthilfe spielen sogenannte „Türöffner“, also Personen, die Teil einer Gemeinschaft sind und diese mit der Selbsthilfe in Kontakt bringen. Häufig sind das Autoritätspersonen wie beispielsweise religiöse Leitfiguren, oder Ärzte, Lehrer oder auch Apotheker und Vorsitzende von Vereinen. Häufig finden auch Kooperationen mit Migrantenorganisationen oder Quartiersakteuren statt. Selbsthilfegruppen werden häufig nicht bei den Verbänden, sondern bei den Migrantenorganisationen oder den Orten angesiedelt, in denen sich die jeweilige Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund eh bereits aufhält. 

"Türöffner"

Um schwer erreichbare Zielgruppen für die Selbsthilfe zu gewinnen, empfiehlt es sich, sie dort abzuholen, wo sie stehen. Jeder Mensch fühlt sich in einer Gruppe, mit deren Mitgliedern er oder sie sich identifizieren kann, besser aufgehoben. Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die der Zielgruppe angehören oder von ihr respektiert werden, können dazu motivieren, Selbsthilfegruppen auszuprobieren. Wichtig ist hier, dass diese

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren oder auch „Türöffner“ von der Zielgruppe als Vertrauenspersonen angesehen werden, diese sich mit ihr identifizieren und der Selbsthilfe offen gegenüber sind.

Religionsgemeinschaften können ein Türöffner sein, um Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen. Vielfach sind diese in Glaubensgemeinschaften verwurzelt und die Gemeindevertreter genießen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit bei ihren Mitgliedern. Gerade beim Aufbau einer Selbsthilfegruppe für Menschen mit Migrationshintergrund kann die Unterstützung durch die Glaubensgemeinschaft Vertrauen schaffen. Hierbei sollten verschiedene Glaubensgemeinschaften als Ansprechpartner in Betracht gezogen werden, neben muslimischen und jüdischen Gemeinden sind auch in der christlichen Kirche afrikanische, asiatische und osteuropäische Gemeinden vertreten.

„Türöffner“ sind häufig auch Personen, denen die jeweilige Community viel Respekt entgegen bringt. Das kann die höchste Ansprechperson der Religionsgemeinde sein, Vorsitzende der MSO, Sozialarbeitende oder Lehrer und viele andere. Diese Personen haben einen großen Einfluss auf die Aktivitäten der Menschen mit Migrationshintergrund und können den Kontakt zu diesen erleichtern.

Laut dem Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) wird Vertrauen zu einem Verband auch dadurch geschaffen, dass dauerhaft eine muttersprachliche Person im Verband eingestellt ist. Die türöffnende Person kann im Verband selbst arbeiten und dadurch den ersten Kontakt zur Migrationsgemeinde erleichtern (1).

Für einige Indikationen kann sich ein Blick über die bundesdeutschen Grenzen lohnen, es gibt europäische und weltweite Netzwerke, die mit unseren Selbsthilfeverbänden offen kooperieren und im Austausch miteinander stehen. Dadurch gibt es für Menschen mit Migrationshintergrund eine erste Vertrauensgrundlage, vor allem, wenn gegenseitige 

Empfehlungen vorhanden sind. Auch Forschungsarbeiten und der aktuelle wissenschaftliche Stand sowie die Diskussionen rund um die jeweilige Indikation in der Gesellschaft im anderen Land können ausgetauscht und an die Menschen mit Migrationshintergrund in ihrer Muttersprache weitergegeben werden. Beispielsweise ist die Allianz chronischer seltener Erkrankungen (ACHSE e.V.) Mitglied in dem europäischen Dachverband für seltene chronische Erkrankungen (EURORDIS) und fördert dadurch den internationalen und mehrsprachigen Austausch (2). Solche Kooperationen können die Tür zur Selbsthilfeorganisation öffnen.

Menschen mit Migrationshintergrund sind eine heterogene Gruppe mit unterschiedlichen kulturellen Bedürfnissen und Hintergründen. Es gilt individuelle Lösungsansätze zu finden und stets zu evaluieren, welche Erfolge damit erreicht werden. Zielführend ist es, zunächst einmal die eigene Mitgliedschaft zu analysieren und zu untersuchen, welche Menschen mit Migrationshintergrund vielleicht schon in der Selbsthilfeorganisation aktiv sind.


(1) Mehr Informationen zum bvkm unter: bvkm.de/unsere-themen/migration-integration/ (gesehen am 31.08.2018)
(2) Mehr Informationen dazu unter: www.eurordis.org

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