Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt das beabsichtigte Gesetz, mit dem eine Vereinheitlichung des Stiftungsrecht sowie eine stärkere Transparenz über die rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts angestrebt wird. Soweit der vorliegende Entwurf hierzu eine abschließende Regelung des Stiftungszivilrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorsieht, wird dies für sinnvoll und zweckmäßig erachtet, um der derzeit bestehenden Unübersichtlichkeit und dadurch hervorgerufenen Verunsicherung in Bezug auf das anzuwendende Recht – Bundes- oder Landesrecht – entgegenzuwirken.

Gerade für den Bereich der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung und ihren Verbänden sind Stiftungen eine wichtige Komponente ihrer Aktivitäten, sei es in Form einer operativen Stiftung mit eigenen Projekten und Aktivitäten, sei es als Förderstiftung, durch die vor allem Selbsthilfeorganisationen ihrerseits oder einzelne ihrer laufenden Projekte unterstützt werden. Denn so wie ein Großteil der deutschen Stiftungen ihre Zwecke dadurch verwirklichen, in dem sie Projekte anderer Stiftungen, Vereine oder einzelner Personengruppen finanziell fördern, so sind auch bei der BAG SELBSTHILFE zahlreiche Mitgliedsorganisationen auf die Unterstützung durch Förderstiftungen angewiesen. Insgesamt sind fast 40 Mitgliedsverbände im Stiftungswesen aktiv, sei es durch Betreiben eigener Stiftungen, sei es durch den Empfang von Unterstützung seitens einer Förderstiftung.

In der Praxis sind jedoch gerade kleinere und rein ehrenamtlich geführte Organisationen oft überfordert, wenn Regelungen unübersichtlich in verschiedenen Gesetzen verankert und die dort enthaltenen Anforderungen an Gründung, Bestand und Auflösung einer Stiftung kompliziert gestaltet und mit hohen Hürden verbunden sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies wiederum wenig zur Akzeptanz und Bereitschaft in der Gesellschaft beiträgt, sich durch Errichtung einer Stiftung oder durch dortige ehrenamtliche Mitwirkung zu engagieren. Das gilt vor allem, wenn entsprechende Aktivitäten stets von einer gewissen Rechtsunsicherheit und Angst vor persönlicher Haftung begleitet sind.

Umso erfreulicher ist das jetzige Bestreben, eine stärkere Rechtsklarheit zu schaffen, sei es im Hinblick auf die erforderliche Verwaltung von Stiftungen, bezüglich der Haftung von Organmitgliedern oder durch die Schaffung eines zentralen Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung. Gerade die geplante größere Flexibilität bei der Änderung von Stiftungssatzungen und der Umwandlung oder Zusammenlegung von Stiftungen ist zu begrüßen.

Als Dachverband der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung möchten wir daher nur auf folgende Aspekte bei diesen Einzelnormen hinweisen:

§ 83c Abs. 1 BGB-E

Für hilfreich wird es erachtet, wenn im Gesetz klarer dargelegt wird, wie konkret das Grundstockvermögen ungeschmälert zu erhalten ist, denn der entsprechende Stifterwille und auch die Stiftungssatzung sind insoweit nicht immer hinreichend eindeutig.

§ 84a Abs. 3 BGB-E

Die geplanten Haftungsregelungen sind, wie bereits erwähnt, grundsätzlich zu begrüßen. Das gilt auch im Hinblick auf die Beweislastverteilung in § 84a Abs. 3 S. 1 BGB-E und vor allem bezüglich sog. Business Judgement Rule. Soweit vorgesehen ist, dass eine Haftungsbeschränkung für unentgeltlich oder gering vergütete Organ-mitglieder durch entsprechende Anwendung des § 31a BGB erfolgen kann (§ 84a Abs. 4 BGB-E), ist dies zweifellos begrüßenswert. Allerdings stellt sich die Frage, warum hier eine Beschränkung oder gar ein Ausschluss dieser Regelung in der Satzung vorgenommen werden kann. Denn der Sinn und Zweck bei § 31a und auch bei § 31b BGB liegt ja nicht zuletzt darin, ehrenamtliches Engagement zu fördern. Umgekehrt ist die Haftungsfrage einer der zentralen Aspekte, die darüber entscheiden, ob ein Ehrenamt wahrgenommen wird oder nicht. Insoweit haben sich die gesetzlichen Beschränkungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit im vereinsrechtlichen Bereich erkennbar bewährt. Und diese Förderung und Anerkennung des Ehrenamtes sollte auch im Stiftungsbereich übernommen werden, weshalb eine entsprechende Anwendung nicht nur von § 31a BGB, sondern auch von § 31b BGB für sinnvoll gehalten wird. Bei einer gesetzlichen Verankerung der Haftungsbeschränkung ohne die Möglichkeit einer Abweichung hiervon in der Satzung würde man im Übrigen dem Fall vorbeugen, dass eine volle Haftung versehentlich in der Satzung (ggf. auch nur konkludent) verankert wird, ohne dass dies so gewollt ist. Zumindest wäre im Gesetz klarzustellen, dass die Beschränkung oder der Ausschluss der Anwendung von § 31a BGB jederzeit abänderbar ist, gerade im Hinblick auf die vorgesehenen Vorgaben in § 85 BGB-E.

§ 85 BGB-E

Die vorgesehenen Erleichterungen bei der Vornahme einer Satzungsänderung werden begrüßt. Aus der geplanten Regelung in Abs. 3 geht jedoch nicht hinreichend hervor, wann von einer Erleichterung der Erfüllung des Stiftungszwecks auszugehen ist: Soll dies etwa auch im Falle einer Verwaltungserleichterung, die sich nur mittelbar auf die Erfüllung des Stiftungszwecks auswirkt, gelten? Es erscheint insoweit sinnvoll, eine Formulierung zu wählen, wonach eine Satzungsänderung möglich ist, soweit hiervon der Satzungszweck nicht berührt wird. Denn im Zweifel wird es unterschiedliche Auffassungen dazu geben, ob eine bestimmte Maßnahme bzw. entsprechende Satzungsregelung eine Erleichterung darstellt oder auch nicht.

Wichtig erscheint im Übrigen eine Klarstellung im Gesetz, unter welchen Voraussetzungen Satzungsregelungen im Nachhinein geändert werden können und wann eine bestimmte Satzungsregelung in Abweichung von der gesetzlichen Vorgabe nur in der Errichtungssatzung festgelegt werden darf. Hier ist der vorliegende Referentenentwurf – nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Regelungsverweise - noch zu unübersichtlich.

§ 87 ff BGB-E

Grundsätzlich begrüßenswert ist schließlich auch die geplante Erleichterung zur Auflösung einer Stiftung in den §§ 87 ff BGB-E. Die Praxis zeigt, dass es leider regelmäßig Fälle gibt bzw. Entwicklungen eintreten, die eine Fortsetzung der Stiftungsaktivitäten sinnlos machen, weil der Stiftungszweck erkennbar nicht mehr erfüllt werden kann und der Verwaltungsaufwand in keinerlei Relation zu dem entsprechenden Nutzen steht. Vor allem tritt immer wieder die Situation ein, dass bei kleinen Stiftungen das Vermögen nicht ausreicht, um den Stiftungszweck adäquat und zielgerichtet zu verfolgen. Wenn das Grundstockvermögen ausreichend ist für die laufenden Verwaltung der Stiftung, ein darüber hinausgehendes Stiftungs-vermögen jedoch entgegen der ursprünglichen Erwartung nicht aufgebaut werden konnte, macht es keinen Sinn, die Stiftung dauerhaft aufrecht zu erhalten – gerade das wird nach der derzeitigen Rechtslage aber grundsätzlich verlangt. Deshalb werden Erleichterungen im Rahmen der Auflösung oder auch Umwandlung für hilfreich und vernünftig angesehen.

Wenn hier aber dann wiederum eine „Unmöglichkeit der Zweckerfüllung“ gefordert wird (die dann naturgemäß auch nachzuweisen wäre), stellt sich die Frage, ob hier viel gewonnen ist gegenüber der bisherigen Rechtslage. Denn mit einem solchen Nachweis der „Unmöglichkeit“ wäre eine Beurteilung der Zukunft verbunden, die faktisch nicht erfolgen kann. Es erscheint daher hilfreicher, die „Unmöglichkeit“ bzw. „Aussichtslosigkeit“ an bestimmten, im Gesetz aufzuführenden Kriterien festzumachen (z.B. keinerlei Stiftungsaktivitäten außer der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben über einen bestimmten Zeitraum hinweg).

Hinweis zur Barrierefreiheit

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass eine ausdrückliche Erwähnung der erforderlichen Barrierefreiheit im Gesetz sehr hilfreich ist. Auch wenn sich die Verpflichtung der Behörden zur barrierefreien Gestaltung der bereitgestellten Informationen im Rahmen der einzelnen Genehmigungsverfahren bei Stiftungen sowie speziell für die Führung des geplanten Bundesstiftungsregisters aus dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) des Bundes sowie der entsprechenden Gesetze der Länder ergibt – insbesondere vor dem Hintergrund der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen -, zeigt doch die Praxis, dass diese Vorgaben immer noch vielfach missachtet oder zumindest nicht im gesetzlich erforderlichen Maße berücksichtigt werden. Insofern wäre es hilfreich und begrüßenswert, wenn auch in den neuen Regelungen zum Stiftungsrecht, etwa in §§ 84d ff, in § 87 Abs. 3, in § 87a BGB-E und im vorgesehenen Stiftungsregistergesetz ausdrücklich an die notwendige Barrierefreiheit erinnert wird.

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