Darüber hinaus sollten die vorgesehen Mittel aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE zur Herstellung der Barrierefreiheit im Lichte der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) förderfähig sein, zumindest für Maßnahmen außerhalb der baulichen Barrierefreiheit. Dies können etwa Fördermaßnahmen für das Personal im Bereich der Verwendung leichter Sprache sein.
Die BAG SELBSTHILFE sieht insoweit einige grundlegende Änderungsbedarfe:
1. Einschränkende Fassung der Förderung im Bereich der seltenen Erkrankungen auf die Hochschulmedizin, die zu Versorgungslücken führen kann (§ 3 Abs. 4 KHTFV RefE)
Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE finden sich im Entwurf Passagen, die leider die Befürchtungen der Betroffenen bzgl. der Gefährdung von Versorgungsstrukturen für bestimmte seltene Erkrankungen im Gesetzgebungsverfahren bestätigen. Es besteht das Risiko, dass mit dieser einschränkenden Fassung und Konzentration auf die Hochschulmedizin wichtige und notwendige Versorgungsstrukturen, die es etwa für bestimmte seltene Stoffwechselerkrankungen gibt, zerstört werden können und dann schwer wieder aufzubauen sind.
Konkret geht es um folgende Passagen:
§ 3 Abs. 4 KHTFV:
"Förderfähig sind Vorhaben zur Bildung von Zentren zur Behandlung von seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen an Hochschulkliniken, soweit Hochschulkliniken und Krankenhäuser, die keine Hochschulkliniken sind, an diesen Vorhaben gemeinsam beteiligt sind. Förderfähige Kosten eines in Satz 1 genannten Vorhabens sind die Kosten für die Schließung von Teilen eines Krankenhauses, die Kosten für die erforderlichen Baumaßnahmen sowie Kosten für weitere Maßnahmen, soweit sie für die Umsetzung des Vorhabens zwingend erforderlich sind."
Verordnungsbegründung, Seite 24, 1. Absatz:
"Mit diesem Fördertatbestand gemäß § 12b Absatz 1 Satz 4 Nummer 4 KHG sollen Vorhaben zur Bildung von Zentren zur Behandlung von seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen an Hochschulkliniken gefördert werden. Abweichend von § 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes betrifft eine Förderung nach diesem Tatbestand demnach Vorhaben, an denen Hochschulkliniken beteiligt sind. Voraussetzung ist, dass an dem jeweiligen Aufbau oder Ausbau eines Zentrums neben einer Hochschulklinik auch mindestens ein Krankenhaus beteiligt ist, bei dem es sich nicht um eine Hochschulklinik handelt. Ziel der Förderung nach diesem Tatbestand ist es, durch eine Bündelung der medizinischen Behandlungskompetenz nachhaltige Verbesserungen in Diagnostik und Therapie seltener, komplexer oder schwerwiegender Erkrankungen zu erreichen. Eine Bündelung der Behandlungskapazitäten für seltene, komplexe oder schwerwiegende Erkrankungen kann auch eine Verbesserung der Ausstattung mit dem erforderlichen Pflegepersonal bewirken. Dies ist bei der Behandlung dieser Erkrankungen von besonderer Bedeutung, da hierfür in der Regel fachlich besonders geschultes Pflegepersonal erforderlich ist."
Viele Menschen mit seltenen Erkrankungen, etwa mit Stoffwechselerkrankungen wie bspw. Phenylketonurie (PKU), erleben und schätzen die Vorteile einer zentrierten und Schwerpunkt-Versorgung seit über fünf Jahrzehnten. Ein signifikanter Anteil der Stoffwechselzentren für diese Versorgung befindet sich dabei nicht an universitären Einrichtungen, sondern an kleineren oder mittleren Krankenhäusern. Mit der derzeitigen Fassung des Entwurfes und der beabsichtigten Konzentration auf die Hochschulmedizin besteht das Risiko, dass gewachsene und versorgungsrelevante Stoffwechselzentren an Kreiskrankenhäusern und anderen Kliniken ohne Not gefährdet werden könnten, wenn seltene Erkrankungen nur an universitären Einrichtungen versorgt werden sollen.
Tatsächlich sind im Transformationsfonds offenbar keine Mittel zur Bestandssicherung solcher versorgungsrelevanter Strukturen vorgesehen - im Gegenteil: Nach dem diesseitigen Verständnis soll nun sogar die Schließung – also der Abbau – bestehender Strukturen gefördert werden, sofern diese nicht an universitären Einrichtungen angegliedert sind.
Die Bündelung von Expertise und Kapazitäten kann nur in einem über- oder ausreichend versorgten System zu Qualitätsverbesserungen führen. In der internistischen und pädiatrischen Stoffwechselmedizin steht das Gesundheitssystem vor einer ärztlichen Verrentungswelle der Babyboomer bei gleichzeitig steigender Nachfrage durch jährlich viele Neudiagnostizierte (etwa 70 therapiebedürftige Neudiagnosen alleine mit Phenylketonurie). Seit langem beobachten die BAG SELBSTHILFE mit großer Sorge die Unterversorgung erwachsener Betroffener durch zu wenige Zentren, im Fall der entsprechenden Stoffwechselerkrankungen sind dies internistische Stoffwechselzentren. In dieser Mangellage führt der Abbau versorgungsrelevanter Kapazitäten eher zu einer quantitativen und qualitativen Verschlechterung der Patientenversorgung. Bei der Allokation von Ressourcen für eine bedarfsgerechte und qualitätsgesicherte Patientenversorgung sollte nicht primär entscheidend sein, wo diese Versorgung angeboten wird, sondern es sollte sichergestellt werden, dass sie angeboten wird. Vor diesem Hintergrund fordert die BAG SELBSTHILFE dringend dazu auf, die einschränkende Fassung der Regelungen in Bezug auf den Transformationsfonds zu überarbeiten.
2. Förderung der Barrierefreiheit (§§ 2, 3 KHTFV RefE)
Die BAG SELBSTHILFE hält es für dringend erforderlich, die Förderung der Barrierefreiheit als förderfähigen Bereich festzulegen. Seit der Ratifizierung 2009 ist die UN-BRK geltendes Recht in Deutschland und sollte nunmehr auch schnellstmöglich in die Praxis umgesetzt werden.
Insgesamt sollen über den Transformationsfonds bauliche Maßnahmen der Transformation förderfähig sein, auch wenn man hier die Frage nach der Abgrenzung zu den Investitionskosten ziehen könnte, deren Erbringung durch den Transformationsfonds ja nicht obsolet geworden ist. Wenn jedoch bauliche Maßnahmen als förderfähig angesehen werden, dann muss dies allerdings auch für die baulichen Maßnahmen zur Förderung der Barrierefreiheit gelten.
Soweit man jedoch die Länder als verantwortlich für die baulichen Maßnahmen der Transformation im Rahmen der ihrer Investitionskosten ansieht, sollten zumindest die nichtbaulichen Anteile der Barrierefreiheit förderfähig sein, bzgl. der baulichen Anteile könnte sich die BAG SELBSTHILFE auch ein Erstattungssystem vorstellen, wonach im Transformationsfonds zunächst bauliche Maßnahmen gefördert werden, um dann diese Kosten über die von den Ländern zu erstattenden Investitionskosten wiederzuerhalten.