Düsseldorf, 30.06.2022. Gemäß der steigenden Operations- und Behandlungsanzahl steigen auch die Zahlen der Behandlungsfehler in Deutschland. 13.050 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst (MD) im Jahr 2021 erstellt. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt und ein Schaden festgestellt, in jedem fünften war der Fehler Ursache des erlittenen Schadens. Das geht aus der aktuellen Jahresstatistik 2021 zur Behandlungsfehlerbegutachtung hervor, die der MD heute in Berlin vorgestellt hat. Die Dunkelziffer für Behandlungsfehler dürfte aber deutlich höher sein, denn nach wie vor gibt es in Deutschland kein zentrales Behandlungsfehlerregister und viele PatientInnen darauf verzichten, vermutete Behandlungsfehler anzuzeigen, da sie die Chance darauf Recht zu bekommen als sehr gering einschätzen. Die BAG SELSBTHILFE fordert daher von der Regierungskoalition die Patientenrechte jetzt zu stärken und die im Koalitionsvertrag angekündigte Neujustierung der Haftungsregeln bei Behandlungsfehlern zugunsten von Patienten umzusetzen.
„Die Hürden bei der Beweisführung von medizinischen Behandlungsfehlern liegen sehr hoch und die oft lange Verfahrensdauer sind für PatientInnen kostenintensiv und daher abschreckend. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Deshalb müssen nicht nur die Haftungsregeln verändert werden, auch die Einrichtung eines Medizinschadensfonds wird von uns seit Jahren gefordert und ist längst überfällig “, kritisiert Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE und Sprecher des Koordinierungsausschusses der Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).
In Deutschland liegt die Beweislast grundsätzlich bei den PatientInnen. Diese müssen nachweisen, dass ein Behandlungsfehler passiert ist, dass der beklagte Arzt diesen Fehler zu verantworten hat und dass die PatientInnen einen Schaden erlitten haben, wofür genau dieser Fehler des Behandlers ursächlich war. Bei der Durchsetzung der Schadensansprüche aus Behandlungsfehlern sollen die Krankenkassen die PatientInnen unterstützen und ggf. durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes beweisen.
Gesetzlich ist bisher die Pflicht des Behandelnden festgelegt, eine vollständige Dokumentation zeitnah in der Patientenakte zu hinterlegen. Das gilt insbesondere für Befunde, Eingriffe und ihre Wirkungen sowie Einwilligungen und Aufklärungen. Werden später Änderungen oder Ergänzungen vorgenommen, muss dies kenntlich gemacht werden, damit nichts vertuscht werden kann. Die Dokumentation dient bei Klagen nach einem Behandlungsfehler als wichtiges Beweismittel im Prozess. Die Akte dürfen die PatientInnen Patient jederzeit einsehen und Kopien davon anfertigen. Lehnt der Behandelnde die Einsichtnahme ab, muss er seine Ablehnung begründen.
Burga Torges
Referatsleitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
BAG SELBSTHILFE e.V.
Kirchfeldstraße 149
40215 Düsseldorf
Fon: 0211 3100625
Fax: 0211 3100634
www.bag-selbsthilfe.de
burga.torges@bag-selbsthilfe.de
Die BAG SELBSTHILFE mit Sitz in Düsseldorf ist die Dachorganisation von 123 bundesweiten Selbsthilfeverbänden behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen. Darüber hinaus vereint sie 12 Landesarbeitsgemeinschaften und 7 außerordentliche Mitgliedsverbände. Der BAG SELBSTHILFE sind somit mehr als 1 Million körperlich-, geistig-, sinnesbehinderte und chronisch kranke Menschen angeschlossen, die sowohl auf Bundes- und Landesebene tätig sind als auch auf lokaler Ebene in Selbsthilfegruppen und Vereinen vor Ort. Selbstbestimmung, Selbstvertretung, Inklusion, Rehabilitation und Teilhabe behinderter und chronisch kranker Menschen sind die Grundsätze, nach denen die BAG SELBSTHILFE für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung behinderter und chronisch kranker Menschen in zahlreichen politischen Gremien eintritt.